Interview mit Maximilian Both von Wechselpilot

Interview mit Maximilian Both von Wechselpilot

Einmal anmelden und immer im besten Strom- und Gastarif sein? Möglich ist das mit Wechselpilot, einem Startup aus Hamburg. Das folgende Interview wurde mit einem der Gründer von Wechselpilot – Maximilian Both – geführt und gibt einige interessante Einblicke in die Gründung und die Zeit danach.

Wie ist die Idee entstanden und wann?

An den genauen Zeitpunkt können wir uns nicht erinnern. Grundsätzlich ist es so, dass wir uns bei unserem Arbeitgeber kennen gelernt haben, wir waren lange im Stromhandel, in der Energiewelt tätig.

Unsere Freunde haben uns häufig kontaktiert: „Hey, ich hab da mal ne Frage, es gibt so viele Stromanbieter, welchen soll ich denn nehmen?“, diese Standardfrage tauchte immer wieder auf. Für uns war das recht klar: Such dir einen aus, einen guten Preis kriegst du sowieso, wenn du ein bisschen vergleichst, und wichtig ist: Jedes Jahr wechseln. Davon waren die Meisten aber schon überfordert bzw. hatten keine Lust, sich darum zu kümmern. Und so haben wir beide dann gesagt: Lass uns ein kleines Programm bauen, das sich darum kümmert, die Verträge regelmäßig zu wechseln. Und daraus ist Wechselpilot tatsächlich entstanden. Ich glaube, die Idee bzw. den ersten Prototypen hatten wir 2016. Anfang 2016 haben wir mit der Idee herumgespielt. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon ein eigenes Unternehmen, wir haben Handelsalgorithmen für größere Energieversorger programmiert. Die Sache hat dann erstaunlich gut funktioniert, es kamen immer mehr Freunde auf uns zu und haben gefragt, ob wir sie nicht eintragen könnten. Letztes Jahr (2017) sind wir schließlich produktiv herangegangen und haben es nicht nur für Freunde, sondern auch für fremde zur Eintragung geöffnet.

Und dann wurde es immer größer?

Ende 2016 konnten wir mehrere Business-Angel davon überzeugen, eine Investition zu tätigen, damit wir die Prozesse so aufbauen konnten, dass sie für Fremde nutzbar sind. Jan und ich sind beide Physiker, wir haben ein ziemlich gutes prozessuales Verständnis würde ich sagen, Zahlen liegen uns.

Marketing allerdings war nicht unser Kerngebiet, hier hilft uns als Business-Angel Nicki Stadlmaier. Er ist CEO von Stylight in München und kümmert sich dort um das Thema Online Marketing. Er hat uns dabei geholfen, die ersten Google Kampagnen aufzusetzen und uns gezeigt, wie verschiedene Dinge funktionieren. Er kümmert sich auch jetzt noch für uns darum. So konnten wir produktiv starten.

Das vergangene Jahr lief recht erfolgreich, wir hatten stetigen Kundenzuwachs und haben uns zum Ende des Jahres entschieden, das Projekt in Vollzeit zu betreiben und Mitarbeiter einzustellen. Zunächst haben wir durch eine Finanzierungsrunde getestet, ob wir Interessenten finden, die das Projekt unterstützen wollen. Geklappt hat es mit einer Gruppe aus Frankfurt, die uns helfen wollte und an die Idee geglaubt hat. Ende letzten Jahres war die Finanzierungsrunde abgeschlossen und dieses Jahr werden wir zeigen, dass wir der beständig steigenden Kundenzahl gewachsen sind.

War die erste Idee gleich das perfekte Endprodukt, oder hattet ihr einen längeren Findungsprozess, wie es aussehen soll?

Das Produkt an sich war uns immer klar, aber alle Feinheiten gleich zu Beginn genau zu definieren ist unmöglich. Das ergibt sich mit der Zeit. Ein großes Thema war: Was ist die genaue Zielgruppe? Wir hatten an junge, innovative Menschen gedacht, die schlicht keine Lust haben, sich selbst um ihren Stromtarif zu kümmern – es hat sich aber herausgestellt, dass diese Vorstellung nicht ganz der genauen Zielgruppe entsprach. Die Nutzer sind eher etwas älter und kennen sich nicht gut mit dem Internet aus. Dementsprechend muss man sein Produkt anpassen. Ich habe neulich ein Zitat gelesen: „Wenn man wartet, bis man das beste Produkt hat, dann hat man zu lange gewartet“. Ich glaube, keiner von uns hat heute noch die Zeit, ein Produkt komplett zu Ende zu denken und es dann erst auf den Markt zu bringen. Dann gibt’s schon zu viele Leute, die ein Konkurrenzprodukt entwickelt haben.

Zusammenfassend gesprochen hatten wir zwar eine Idee, was wir bauen wollen, aber so wie es jetzt geworden ist, haben wir es uns am Anfang wahrscheinlich nicht vorgestellt.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Ausarbeitung des passenden Geschäftsmodells. Uns war es wichtig, den Kunden absolut in den Mittelpunkt zu stellen. Was ist das Beste für den Kunden? Wie können wir das im Geschäftsmodell sicherstellen?

Es gibt Mitbewerber, die den Dienst gratis anbieten und sich über Provisionen von Stromversorgern finanzieren, was aus unserer Sicht überhaupt keinen Sinn macht.

Ich würde niemandem eine Blankovollmacht geben und mich darauf verlassen, dass der Anbieter in meinem Sinne handelt und den günstigsten Tarif raussucht, wenn die Finanzierung von der anderen Seite sichergestellt wird. Jedes Geschäftsmodell hat auch den Zweck Geld zu verdienen – er würde demzufolge immer den Anbieter auswählen, der ihm die höchste Provision zahlt, weil es egal ist, was beim Kunden ankommt. Bei uns ist das anders, wir verdienen ausschließlich, wenn der Kunde auch wirklich von dem profitiert, was wir getan haben- wir bekommen 20% der Einsparung.

In unserem Geschäftsmodell ist somit verankert, dass wir immer das Beste für den Kunden tun. Das war von Anfang an klar.

Was war in der Gründungsphase problematisch und wer oder was hat euch geholfen, diese Probleme zu überwinden? Ihr hattet ja bereits Erfahrung.

Was auf jeden Fall geholfen hat: Dass wir zu zweit waren. Mit jemandem zu zweit zu gründen, mit dem man die Idee zum tausendsten Mal durchgehen und die letzten Feinheiten besprechen kann, ist meiner Meinung nach das Wichtigste gewesen.

Eine Schwierigkeit am Anfang war, dass es viel mehr zu tun gab, als zwei Leute erledigen können. Besonders hilfreich waren an dieser Stelle unsere Business-Angel, die uns nicht nur finanziell, sondern auch mit Rat und Tat unterstützt haben. Zeitweise haben sie in der Aufbauphase tatsächlich mitgearbeitet. Das war auf jeden Fall wichtig. Ein anderes Thema ist, sich Leute zu suchen, mit denen man zusammenarbeiten kann, zum Beispiel für das Design. Das war wirklich schwierig – externe Leute zu finden, mit denen es funktioniert. Dabei ist man im Vorteil, wenn man vorher schon einmal gegründet hat, weil man ggf. schon Kontakte hat oder gute Agenturen kennt. Dadurch spart man sich eine Menge Zeit und auch Nerven.

Wen könnte man denn fragen, wenn man noch keine Erfahrung hat, welche Strategien gibt es, an gute Leute zu kommen?

Persönliches Netzwerk nutzen, die Augen offen halten. Wir haben zum Beispiel unseren Frontend Entwickler gefunden, weil er unter einen Post von uns, der von einem Freund geshared wurde, kommentiert hat: „Was ist’n das für ‘ne hässliche Internetseite!“ Über meinen Freund konnte ich herausfinden, wer der Typ ist, und es stellte sich heraus: Er macht Websites. Also haben wir ihn eingeladen und arbeiten jetzt schon seit einigen Jahren super erfolgreich zusammen.

Es sind immer die Zufälle. Es macht keinen Sinn, eine Website zu nennen, auf der sich Entwickler vorstellen – dann sind gleich wieder ganz viele drauf, weil jeder den Kunden sucht. Aber die Leute, die gut sind, müssen ihre Kunden nicht suchen, die haben sie schon.

Zur Finanzierung: Wurde das Projekt komplett fremdfinanziert oder gab es auch Eigenkapital?

Wir haben zu Beginn viel gebootstrapped, um den Prototypen hinzukriegen, also eigenes Geld investiert. Andere Teile wurden aus der bestehenden Firma querfinanziert, weil wir dort viel entwickelt und die Codes im neuen Projekt verwendet haben. Im nächsten Schritt haben wir uns bewusst dazu entschlossen, Investoren zu suchen. Mit einem einfachen Hintergrund: Wenn wir keine finden, ist unser Geschäftsmodell vielleicht auch nicht so super, wie wir glauben.

Wir haben somit weitestgehend fremdfinanziert. Den Eigenanteil haben wir eingebracht, um zu zeigen, dass wir voll dahinterstehen.

Wie viele Klinken musstet ihr putzen? War das schwierig?

Unsere andere Firma wurde komplett selbst finanziert, dadurch hatten wir nicht viel Kontakt zu Investoren. Ein paar hatten wir schon angefragt, aber bei Investoren anzurufen ist ziemlich schwer, es kommt nicht viel dabei rum. Wir hatten mal wieder Glück, weil wir die richtige Partei getroffen haben – Vertragsmanager – das passte sehr gut ins Portfolio. Wir mussten nicht so viele Klinken putzen.

Das Umfeld von B2C ist schwierig. Wir geben ziemlich viel Geld unter anderem bei Google aus, was bei Investoren grade nicht besonders beliebt ist. Das ist nicht der Bereich, wo alle Geld hingeben. Genauso wie E-Commerce, das ist auch nicht mehr beliebt. Es gibt Innenbereiche, in die jeder investieren möchte- dazu zählten wir jedoch nicht. Aber ich glaube unser Geschäftsmodell hat jeden, der wirklich hineingeschaut hat, relativ schnell überzeugt.

Ist Hamburg eine gute Stadt zum Gründen? Wird man beraten, findet man Hilfe?

Wir arbeiten viel mit der HASPA zusammen. Das funktioniert wahnsinnig gut, ich finde es toll. Wir haben vorher in Berlin unsere Firma gegründet und mit der Bank dort hat das längst nicht so gut funktioniert. Sonst haben wir nicht wirklich viel genutzt, InnoRampUp zum Beispiel, das hat nicht zu uns gepasst. Meine Frau ist Hamburgerin, deshalb sind wir ursprünglich hierhergekommen. Es gibt viele Veranstaltungen für Startups, wir hatten keine Probleme Kontakte zu knüpfen- grundsätzlich super.

Welchen Ratschlag würdest du Leuten geben, die daran denken, ein Startup zu gründen?

Auf jeden Fall den richtigen Partner finden. Als Jan und ich damals den ersten Gesellschaftsvertrag unterschrieben haben warnte uns der Notar: „Ihr wisst, dass ihr grade euren Ehevertrag unterschreibt?“ Und genau so ist es. Man verbringt extrem viel Zeit mit dem anderen. Ich telefoniere wahrscheinlich mit Jan mehr als mit meiner Frau. Man sollte sich jemanden suchen mit dem man „in guten wie in schlechten Zeiten“ die richtige Kultur pflegt, mit dem man gut diskutieren kann und der nicht groß nachtragend ist. Es passieren einfach Sachen und dann muss man durch dick und dünn.

Zweiter Tipp: Manche Sachen einfach mal machen. Man muss nicht alles bis zum Ende durch analysieren. Viele Sachen kriegt man nur durch Testing raus. Ein bisschen Naivität gehört dazu. Es gibt eben Risiken und die muss man leider testen. Nicht zu lange warten, einfach machen.

Und drittens: Man muss genug Zeit mitbringen. Wenn man angestellt ist, hat man viel aktive Arbeitszeit. Wenn man Selbstständig ist, teilt sich die Arbeitszeit in „aktive“ und „inaktive“. Das bedeutet, man hat wahrscheinlich die besten Einfälle nachts im Bett, wenn man nicht schlafen kann. Dafür kann man sich die aktive Arbeitszeit einteilen. Man kann mittags mal länger Lunchmeeting halten, aber nacharbeiten muss man es trotzdem. Insgesamt ist die Arbeitszeit viel länger als bei einem Angestellten. Es gibt viele, die sagen: „Wow, toll, du hast deine Idee umgesetzt, und kannst deine Zeit jetzt total flexibel einteilen“ – aber ich glaube, für jemanden, der etwas sucht, wo er möglichst weniger arbeiten muss – für den ist selbstständig sein eher nichts. Gründen macht natürlich auch Spaß! Aber wer nur gründet, um schnell reich zu werden… Passiert auch manchmal – wird aber schwer.

Man hat eben nicht nur mehr Freiheiten, sondern auch mehr Verantwortung- und neue Sorgen?

Ja klar, man hat Sorgen! Beim Startup gründen brennt es überall und man muss immer versuchen, sich eine Roadmap zu erstellen und die knallhart durchzuziehen. Dein neuer Chef ist dann deine Verantwortung, du arbeitest sehr viel mehr und es lässt dich nicht los, selbst wenn du im Urlaub bist.

Eure Gründung lief parallel dazu, dass ihr Vollzeit Selbstständig in eurer anderen Firma gearbeitet habt, richtig?

Ja, wir waren selbstständig in der anderen Firma. Damit hatten wir sehr viel Glück. Wir haben dem Arbeitgeber, bei dem wir ursprünglich zusammen angestellt waren, davon erzählt, dass wir gerne etwas Eigenes gründen würden. Unsere Idee drehte sich um vollautomatisierten Stromhandel. Wir konnten aus der Firma ausscheiden und haben unseren Arbeitgeber direkt als ersten Kunden mitgenommen. Wir hatten nicht viel Risiko, mussten nicht viel investieren außer Zeit und einen Laptop, das war’s – wir hatten keine hohen Finanzierungskosten. In diesem Betrieb konnten wir vieles automatisieren und somit war nebenbei genug Zeit, um etwas Anderes zu gründen.

Was sind deine Schlussworte?

Wir wollen DER Ansprechpartner für alles rund um deine Energieverträge sein. Wir sind so tief aus dem Energiebereich, dass wir die Tricks von den Anbietern und Vergleichsportalen sehr gut kennen und entsprechend reagieren können. Mit Sicherheit mehr als jeder, der sich nur einmal im Jahr damit beschäftigt.

 

Das Interview wurde geführt von der Online Marketing Agentur Startup Studio aus Hamburg.

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